Der technische Einkauf wurde lange Zeit unterschätzt. Dabei ist er ein enorm wichtiger Faktor für den Erfolg eines Unternehmens. Kein Wunder, dass die Beschaffung heute auf dem Weg ist, sich als erstes Glied in der Supply Chain zu emanzipieren.
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Veränderungen im Arbeitsumfeld Technischer Einkauf
Die Arbeitswelt der Einkäufer verändert sich immens. Künftig wird immer mehr Wissen über die technischen Innovationszyklen und die strategische Ausrichtung sowie mehr Kenntnisse in Informatik gefragt sein. Der längst übliche elektronische Datenaustausch mit den Lieferanten und innerhalb der eigenen Organisation wird stärker für die flexible Anpassung der Logistikketten genutzt. Das sogenannte Maverick Buying in den Unternehmen, bei dem Abteilungen am Einkauf vorbei selbständig ordern, wird zurückgehen, und der Einkauf wird nach Meinung vieler Experten stärkeren Einfluss auf das Gesamtmanagement nehmen können. Nicht zuletzt führen die gesetzlichen oder aus Überzeugung und als Verkaufsargument einsetzten Umweltstandards zu neuen Anforderungen an die Einkaufsabteilungen.
Die Möglichkeiten der Digitalisierung schaffen aber auch beim Einkauf größere Transparenz, die Beschäftigten können sich damit viel direkter mit den Kunden und deren spezifischen Anforderungen abstimmen. Das ist umso wichtiger, als der Servicegedanke auch beinhaltet, für die Kunden von anderen Partnern ergänzende (Teil-) Systeme einzukaufen, um mit einem Gesamtpaket den Kundenwünschen gerecht zu werden.
Aufgaben im technischen Einkauf
Auch wenn sich in der Entwicklung zur Industrie 4.0 Abläufe und klare Zuständigkeiten in den Unternehmen verändern werden, bleiben doch Kernaufgaben, die der Einkauf oder die Beschaffung zu erledigen haben. Grundsätzlich geht es um das Sicherstellen der bedarfsgerechten Versorgung, was Marktanalysen und geeignete Einkaufsstrategien einschließlich Kostenstrukturanalysen voraussetzt. Dazu gehören – je nach Brache und Unternehmen in unterschiedlicher Gewichtung – typischerweise die Kommunikation mit den Lieferanten (Lieferantenauswahl, Lieferkettenmanagement, etc.) sowie der ständige Austausch mit den Unternehmensstandorten und den Partnerunternehmen. Dabei dürfte es vor allem um Preis- und Vertragsverhandlungen beim Einkauf von Serienteilen und Verbrauchsmaterialien für die Produktion und die entsprechenden Abmachungen über die Liefertermine gehen. Ebenso gehören die technische Bewertung der Lieferantenangebote bzw. die Abnahme gelieferter Geräte oder Dienstleistungen als (hoffentlich) gebrauchstauglich zu den Standardaufgaben.
Anforderungen: Wirtschaftsingenieure prädestiniert für den Einkauf
Im technischen Einkauf geht es um die Beschaffung, auch um den Import, von Roh- und Betriebsstoffen, Werkzeugen und Maschinen, um das Management der Lieferantenbeziehungen, Kostenersparnisse und strategisches Denken. Die Kombination von betriebswirtschaftlichem Know-how, Ingenieurwissen und auch juristischen Kenntnissen mit Blick auf Vertragsgestaltungen etwa passt sehr gut zum Profil der Wirtschaftsingenieure. Sie sind prädestiniert, um in den technischen Einkauf zu gehen. Aber natürlich können sich auch Ingenieure aus den Kerndisziplinen der Ingenieurwissenschaften in diese Richtung entwickeln.
Zu den selbstverständlichen Skills gehören der Umgang mit der üblichen Software im Einkauf und Kenntnisse über die Zusammenhänge im Internet of Things. Englisch- und möglichst weitere Fremdsprachenkenntnisse sind in der globalisierten Welt ebenso grundlegend für die verantwortliche Arbeit im technischen Einkauf. Eine bereits mehrjährige Berufserfahrung im Beschaffungswesen setzen viele Arbeitgeber bei der Stellenvergabe voraus. Außerdem können längere Dienstreisen durchaus notwendig sein.
Aller Voraussicht nach wird die Zahl der Unternehmen, die den Einkauf aus strategischen Gründen stärker in die Produktentwicklung einbeziehen, zunehmen. Das würde die technische Kompetenz der Einkäufer herausfordern. Entsprechend wird die Zahl der Mitarbeiter im Einkauf ohne akademische Abschlüsse vor allem in technikaffinen Unternehmen weiter zurückgehen.